Nachhaltige Landwirtschaft finanzieren, nicht Produkte

Von Anja Bonzheim

Am Sonntag, den 26. Januar 2020 fanden sich trotz regnerisch-nebligem Wetter mehr als 200 Menschen in der Evangeliumshalle in Wehrda ein, um einen der insgesamt 268 vergebenen Ernteanteile zu ergattern und zur 7. Finanzierungsrunde sowie Mitgliederversammlung der SoLaWi Marburg zusammenzukommen.

Dass das Prinzip, solidarisch landwirtschaftliche oder gärtnerische Betriebe zu unterstützen und damit eine dezentrale, marktunabhängige und ökologische Agrikultur zu fördern, sich ausbreitet und mehr und mehr SoLaWis in Deutschland entstehen, machte Dirk Posse in seiner Ansprache deutlich. 266 SoLaWis sind es mittlerweile allein in Deutschland, die einen sinnvollen Ausweg aus einer zunehmenden Polarisierung des Agrarsektors beschreiten und eine Alternative aufzeigen, bei der es nicht um den Kauf von Waren, sondern um die Förderung einer enkeltauglichen Landbewirtschaftung geht.

Vera übernahm für den Kokreis Marburg die Moderation und führte durch die formalen Punkte der Mitgliederversammlung: Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit und Genehmigung des Protokolls aus dem Jahr 2019 wurden Christian Bluhm und Manfred Trautwein zu den Kassenprüfern gewählt, nachdem es zwei Jahre keinerlei externe Kassenprüfung gegeben hat. Der Vorstand, bestehend aus Kati Bohner, André Köhler und Annika Schlüter, wurde entlastet und in derselben Konstellation einstimmig neu gewählt.

Spannend war auch der Bericht von Uwe vom Hof Grünzeug, der recht zufrieden auf die vergangene Saison zurückblickt. Einzig der trockene Sommer und der nasse Herbst waren schwierigere Herausforderungen, denen er sich stellen musste. Wer sich über erdige Möhren gewundert hat, findet hier die Antwort: nasse Äcker und eine erschwerte Ernte der Möhren! Ein Video zeigt im Zeitraffer den Aufbau des neuen Gewächshauses, ein anderes die Ernte der Kürbisse – von Uwes Mitarbeiter*innen gekonnt einander an den Feldrand zugeworfen wie Handbälle.

André Köhler stellte anschließend die Finanzen vor: Die Bilanz ist ausgeglichen und ein in 2019 erwirtschafteter Überschuss von 5000€ bietet einen Puffer für Unvorhergesehenes. Weiterhin existieren Einlagen, bestehend aus Mitglieder-Darlehen, im Wert von 27.400€. Durch diese Rücklagen war es in diesem Jahr nicht nötig, eine dritte Bieterunde zu veranstalten. Die zweite Runde ist gültig und die fehlenden 1100€ (35 Cent pro Anteil) werden aus den Rücklagen des Vereins aufgefüllt. Die im letzten Jahr durch eine dritte Bieterunde realisierte Erhöhung der Löhne der Mitarbeiter*innen in Kirchvers blieb dabei sogar auch bestehen.

Ein Highlight war neben dem SoLaWi-Bingo wie jedes Jahr das reiche vegetarisch-vegane Buffet. Ob veganer Zwiebelkuchen, Bulgursalat, Tomatenbutter, Energiebällchen oder Schokomuffins, satt und kulinarisch verwöhnt wurde hier wirklich jede*r.

Die SoLaWi lebt von engagierten Menschen, die mitgestalten und kann sich entsprechend weiterentwickeln und vernetzen. 25 Verarbeitungsaktionen stellte Cécile Guillet gemeinsam mit engagierten SoLaWi-Mitgliedern in der letzten Saison auf die Beine. Da das Projekt „Verwenden statt verschwenden“ nun ausgelaufen ist, hat sich der neue AK Mitmachen auf die Fahne geschrieben, weiterhin solche Aktionen sowie Ackereinsätze anzubieten. Hilfreich ist hier auch die Kooperation mit dem Projekt „Freie Lasten“. 1t Gemüse kann mit nur zwei Lastenradtouren laut Wolli ganz Co2-neutral und mit hohem Spaßfaktor transportiert werden.

„Ermüdungsfreies Sensen“ war auf der Streuobstwiese im Ebsdorfer Grund im letzten Jahr ein Lernfeld für Günther und andere Personen vom AK Obst, ab jetzt macht jedoch der Balkenmäher der Ermüdung einen Strich durch die Rechnung. 5l leckerer Apfelsaft/Anteil konnten in diesem Jahr gepresst werden- nicht ausschließlich von der Fläche, sondern auch von anderen Bäumen- auf der Fläche stehen mehr als 100 Apfel-, Birnen- und Quittenbäume.

Ab 1. Mai beginnt die neue SoLaWi-Saison, traditionell mit der Maifahrradtour, monatlich sind Ackereinsätze und hin und wieder Verarbeitungsaktionen geplant. Neben Gemüse können auch andere Güter oder Dienstleistungen perspektivisch Teil der SoLaWi Marburg sein: Ob leckerer Apfelsaft, Kaffee aus dem Kaffeeprojekt FEM in Nicaragua oder die solidarische Fahrradwerkstatt- anders wirtschaften ist möglich!