Die Solawi Marburg bewirtschaftet vier Streuobstbestände: Eine größere Obstwiese bei Heskem im Ebsdorfer Grund, und drei Obstparzellen bei Gießen-Wieseck. Bisher gab es dazu jeden Herbst einen Bericht über die Ernte und deren Verarbeitung. Doch damit wir im Herbst ernten und Saft pressen lassen können, muss auch vorher schon einiges getan werden. Hier kommt deshalb mal ein Bericht über die Arbeitsthemen, die wir in diesem Frühjahr hatten.
Baumschnitt und Baumpflege
Das Streuobstjahr beginnt regelmäßig mit dem Baumschnitt gegen Ende des Winters. Auf den Wiesecker Parzellen (Gießen) fanden die ersten Einsätze am 18. und 19. Februar statt. Aufgrund des regen Interesses für das Streuobst bei der diesjährigen Finanzierungsrunde kam für Wieseck Ende Februar noch ein Schnitteinsatz mit Anleitung für diejenigen hinzu, für die das Thema neu war. Daran nahmen vier Personen teil.
Die beiden Schnitteinsätze auf der Heskemer Streuobstwiese haben wir dann auch mit Anleitung für Interessierte durchgeführt.
Der erste Einsatz fand am 3. März statt, und hatte den Erziehungsschnitt an Jungbäumen zum Thema. In drei Gruppen wurde jeweils an einem Jungbaum erklärt und geübt.
Weiter ging es am 10. März, diesmal stand der Schnitt der Altbäume im Mittelpunkt. Beteiligt haben sich an beiden Einsätzen jeweils 10 Personen.
Geschnitten werden in der Regel die Bäume, bei denen wir die größte Dringlichkeit feststellen. Im Laufe mehrerer Jahre geht es so durch den ganzen Bestand. Das dabei anfallende Schnittgut - das können in manchen Jahren ziemliche Mengen sein - wird in Wieseck vom örtlichen Landschaftspflegeverband abgeholt. Auf der Heskemer Streuobstwiese behalten wir es auf dem Grundstück. Mehr dazu weiter unten.
Den Heskemer Jungbäumen lassen wir neben dem Erziehungsschnitt einen weißen Anstrich angedeihen; das soll die noch empfindliche Rinde vor Spannungsrissen schützen, wie sie beispielsweise bei Frost und gleichzeitigem Sonnenschein entstehen können.
Im weiteren Jahresverlauf müssen auch die Baumscheiben der (oft noch eingezäunten) Bäumchen möglichst frei von Aufwuchs gehalten werden. Und bei längerer Trockenheit, besonders wenn diese mit Hitze verbunden ist (wie 2022), müssen sie auch gegossen werden, da die Wurzeln noch nicht so tief reichen. Das ist in diesem Jahr bisher allerdings nicht der Fall.
Beweidung
Auf den Wiesecker Parzellen wird das Gras durch Schafe 'gemäht'. Seit die Schafe dabei gepfercht (eingezäunt) werden, klappt das recht gut.
Allerdings finden die Schafe neben saftigem Gras und Kräutern auch Jungbaumrinde sehr schmackhaft, weshalb die Jungbäume mit einem Schutz vor Verbiss versehen werden müssen. In diesem Jahr waren bei der ersten Wiesecker Beweidung, die schon im Februar erfolgte, sogenannte Langhalsschafe in der Herde, welche einige Baumstämmchen oberhab des Verbissschutzes erreichten; die haben sie dann genüsslich angeknabbert.
Für die Heskemer Streuobstwiese ist eigentlich auch eine Beweidung durch Schafe vorgesehen; allerdings blieben die Schafe im ganzen vergangenen Jahr trotz mehrfacher Anfrage beim beauftragten Schäfer aus. Wir mussten schließlich wieder mähen. Auch in diesem Frühjahr lief es so, und eine erneute Mahd steht an. Nach langem Suchen haben wir nun einen anderen Schafhalter gefunden, und hoffen, dass die Beweidung in Zukunft besser klappt.
Wasserbevorratung
Auf der recht dürreanfälligen Heskemer Streuobstwiese gelang im trocken-heißen Sommer 2022 die Versorgung der Jungbäume mit Wasser nur knapp, da in den Wiesenbrunnen kaum noch etwas nachlief.
Im Rahmen eines Förderprojektes haben wir deshalb im vergangenen Herbst drei IBC-Container aufgestellt, in denen 3000 Liter Wasser gespeichert werden können. Damit lassen sich längere Durststrecken besser überbrücken. Der Plan war, dann, wenn dem Brunnen im zeitigen Frühjahr reichlich Wasser zufließt, dieses in die Behälter zu pumpen, und das auch noch ökologisch, mit einer Solarpumpe. Der praktische Test des Konzeptes stand aber noch aus.
Der erste Pumpversuch fand dann am 3. März statt (zeitgleich mit dem Jungbaumschnitt). Es zeigte sich, dass nur bei direktem Sonnenschein und genügend hohem Sonnenstand ausreichend Energie zur Verfügung steht, um die Pumpe effektiv einsetzen zu können; Wolken bringen den Vorgang selbst mittags praktisch zum Erliegen. Bei drei weiteren Pumpeinsätzen an Tagen mit passendem Wetter gelang es dann, wirkliche Mengen in die Behälter zu befördern.
Im Endergebnis konnten wir feststellen, dass die Behälter sich unter geeigneten Bedingungen in drei Einsätzen von 4 bis 6 Stunden Dauer komplett füllen lassen, was einen vertretbaren Aufwand darstellt; es funktioniert also tatsächlich wie erhofft.
Benjeshecken statt Drahtverhau
Oben wurde bereits angemerkt, dass das Baumschnittgut auf der Heskemer Streuobstwiese nicht abtransportiert wird. Eine dauerhaft zufriedenstellende Lösung für dessen Lagerung gab es bislang aber nicht.
Nun ist das Grundstück an zwei Seiten von einem Zaun umgeben. Dieser ist abschnittsweise ganz oder teilweise im Boden versunken; zudem sind an einer Seite vor unserer Zeit ganze Zaundrahtrollen in die entstandenen Zaunlücken geworfen und lose auseinander gezogen worden - ein regelrechter Drahtverhau, dazu noch kaum entwirrbar durchsetzt mit altem Baumschnittgut.
Hier haben wir angesetzt: Drahtschrott und kaputte Teile des Zauns entfernt...
...und durch Benjeshecken ersetzt - die nichts anderes sind als Hecken aus Baumschnitt. Den bekommen wir so von der Fläche und können ihn noch nutzbringend verwenden. Am ganzen Ostrand der Obstwiese haben wir das schon umgesetzt, am Nordrand haben wir damit begonnen; es ist jetzt schon wesentlich mehr zaunfreie 'Strecke' vorhanden als Baumschnitt zum Heckenbau verfügbar.
Ausblick
Für Heskem hoffen wir, nach einer Wiesemahd Anfang Juli im August wieder Schafe auf der Wiese zu haben. Was die Erwartungen für die Ernte angeht, so ist der Fruchtansatz bei Äpfeln und Birnen auf den Wiesecker Parzellen mäßig, weil es zur Blütezeit recht kalt und nass war; das gilt auch für das Heskemer Streuobst, allerdings sieht es dort etwas besser aus. Für die Wiesecker Zwetschgen und Pflaumen sind die Aussichten dagegen gut. Ja, und jetzt wünschen wir uns einen Sommer mit viel Sonnenschein und genug Regen!
Zum Schluss noch ein paar Bilder...
Bilder: Georg Hohmann, Theresa Graf, Christian Bluhm, Günther Blum
Holzschild: Theresa Graf